Gefahrgutbeauftragter 2025 in Österreich
Skurrile Rechtslage – was Unternehmen jetzt unbedingt wissen müssen!
Einleitung
Kaum zu glauben, aber wahr: Seit dem 1. Juli 2025 steckt Österreich bei der Pflicht zur Benennung von Gefahrgutbeauftragten in einer Situation, die man eigentlich nur als juristisches Kuriosum bezeichnen kann. Wer regelmäßig mit Vorschriften im Bereich Gefahrgut zu tun hat, weiß: kompliziert ist das Geschäft ohnehin. Doch diesmal hat die Bürokratie sich selbst übertroffen.
Das Problem: Unser österreichisches Gefahrgutbeförderungsgesetz (GGBG) verweist auf eine Stelle im ADR, die es so gar nicht mehr gibt. Klingt verrückt? Ist es auch. Und die Konsequenz ist noch absurder: Plötzlich müssten theoretisch alle Unternehmen, die in irgendeiner Form Gefahrgut transportieren – selbst wenn es nur Kleinstmengen oder Beförderungen unter Erleichterungen sind – einen Gefahrgutbeauftragten benennen.
Wie konnte das passieren? Warum redet niemand darüber? Und was bedeutet das für die Praxis – von Speditionen über Handwerksbetriebe bis hin zu Firmen, die nur mal ein paar Pakete mit Spraydosen verschicken? Genau darum geht es in diesem Artikel.
Hintergrund: Gesetzliche Lage in Österreich
Werfen wir einen Blick zurück. Die Pflicht zur Bestellung eines Gefahrgutbeauftragten in Österreich ist im Gefahrgutbeförderungsgesetz (GGBG) geregelt. Dort heißt es in § 11 Abs. 1 (BGBl. I Nr. 104/2019):
Unternehmen, deren Tätigkeiten die Beförderung gefährlicher Güter […] umfassen, haben eine oder mehrere qualifizierte Personen mit deren Zustimmung als Sicherheitsberater für die Gefahrgutbeförderung (Gefahrgutbeauftragte) zu benennen.
Diese Verpflichtung gilt nicht für Unternehmen, deren Tätigkeiten sich auf die Beförderung gefährlicher Güter in Mengen erstrecken, die unterhalb der […] Grenzwerte liegen.
So weit, so klar. Doch Achtung: Das Gesetz verweist dabei auf den Unterabschnitt 1.8.3.2 lit. a ADR. Und genau hier liegt der Hund begraben.
Denn mit dem ADR 2025 hat sich diese Stelle schlicht in Luft aufgelöst. Der Buchstabe a ist jetzt leer – ohne Inhalt. Die bisherige Freistellung wurde nach b verschoben.
Mit anderen Worten: Unser Gesetz verweist auf eine Vorschrift, die es nicht mehr gibt.

Neuerungen im ADR 2025
Damit wir das ganze Chaos verstehen, lohnt ein Blick in die Originalfassung des ADR 2025.
1.8.3.1 ADR 2025 schreibt klar:Jedes Unternehmen, dessen Tätigkeiten den Versand oder die Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße oder das damit zusammenhängende Verpacken, Beladen, Befüllen oder Entladen umfassen, muss einen Sicherheitsberater („Gefahrgutbeauftragten“) benennen.
Soweit nichts Neues.
1.8.3.2 ADR 2025 regelt die Ausnahmen. Und hier der Knackpunkt:
- a) bleibt offen – kein Text, nur eine Lücke.
- b) nennt Freistellungen für Transporte, die bestimmte Grenzwerte (z. B. nach 1.1.3.6 ADR, Kapitel 3.3, 3.4 oder 3.5) nicht überschreiten.
- c) gilt für Unternehmen, deren Haupttätigkeit nicht im Gefahrgutbereich liegt und die nur gelegentlich, mit geringer Gefahr, Beförderungen durchführen.
Das heißt: Die im österreichischen GGBG genannte Ausnahme existiert faktisch nicht mehr.
Die skurrile Konsequenz
Jetzt wird’s spannend – und absurd. Denn nach österreichischem Recht müsste nun jedes Unternehmen, das in irgendeiner Form Gefahrgut transportiert, immer einen Gefahrgutbeauftragten benennen.
Egal ob Spedition, Tischlerbetrieb, Bauunternehmen oder kleiner Onlinehändler: Wenn irgendwo Gefahrgut im Spiel ist – und sei es in noch so kleinen Mengen –, dann greift die Pflicht.
Ein Praxisbeispiel gefällig?
- Ein Unternehmen schickt ein Notebook mit Lithiumbatterie (SV 188) per Paketdienst. Zack – Sonderbestimmungen 3.3
- Ein Malerbetrieb fährt mit einem Karton Spraydosen zum Kunden. Zack – begrenzte Menge gem. Kap. 3.4
- Eine Firma verschickt Parfumproben in freigestellter Menge. Zack – freigestellte Menge Kap. 3.5
Theoretisch bräuchten all diese Unternehmen einen Gefahrgutbeauftragten.
Ironisch gefragt: Muss jetzt jeder Außendienstler mit Laptop seinen persönlichen Gefahrgutbeauftragten haben?
Die Ausnahme für Privatpersonen
Bevor jetzt Panik ausbricht, eine wichtige Klarstellung: Privatpersonen sind von dieser Regelung nicht betroffen.
Das ADR sieht ausdrücklich eine Ausnahme vor: Wer privat Gefahrgut befördert (im Rahmen der dort genannten Vorgänge), braucht keinen Gefahrgutbeauftragten und auch keine Schulung.
Das gilt zum Beispiel für jemanden, der privat eine Spraydose oder ein Reinigungsmittel einkauft und im Auto nach Hause bringt.
Praktische Relevanz: Realität in Österreich
Und jetzt kommt die Realität ins Spiel. In Österreich ist es zwar so, dass die Bestellung eines Gefahrgutbeauftragten dem Verkehrsministerium gemeldet werden muss – aber in der Praxis wird das kaum kontrolliert.
Viele Unternehmen haben deshalb bisher die Pflicht eher locker genommen. Doch Vorsicht: Das Risiko liegt nicht in der Routinekontrolle, sondern im Ernstfall. Wenn ein Unfall passiert oder die Behörde genauer hinsieht, kann es teuer werden.
Im schlimmsten Fall drohen Verwaltungsstrafen – und die können empfindlich sein. Noch gravierender ist aber der Imageschaden: „Firma XY transportiert gefährliche Güter ohne Sicherheitsberater“ macht sich in keinem Medium gut.
Gefahrgutunterweisungspflicht – das unterschätzte Thema
Unabhängig von der Bestellung eines Gefahrgutbeauftragten gibt es eine weitere Pflicht, die oft übersehen wird: die Unterweisungspflicht nach Kapitel 1.3 ADR (und 8.2.3).
Diese Pflicht betrifft praktisch alle Mitarbeiter, die irgendwie mit Gefahrgut zu tun haben – also auch jene, die scheinbar harmlose Tätigkeiten durchführen:
- Fahrer, die Pakete mit begrenzten Mengen transportieren.
- Lagerarbeiter, die Kartons mit Parfum oder Spraydosen verladen.
- Disponenten, die Gefahrgutsendungen organisieren.
Im ADR 2025 wurde diese Pflicht noch einmal verschärft und präzisiert. Besonders für Beförderungen in begrenzten Mengen (Kapitel 3.4) steht jetzt ausdrücklich: Auch hier muss das Personal unterwiesen sein.
Ein Beispiel:Ein Handelsunternehmen verschickt regelmäßig Kosmetikprodukte im Karton, klassifiziert als begrenzte Menge. Viele denken: „Da brauchen wir nichts weiter zu beachten.“ Falsch! Auch hier gilt: Unterweisung ist Pflicht.
📘 Checkliste: Gefahrgut-Unterweisung nach ADR 2025
- 👷 Wer? Alle Mitarbeiter, die mit Gefahrgut zu tun haben – auch bei Freistellungen oder begrenzten Mengen.
- 📚 Was? Inhalte: allgemeine Vorschriften, tätigkeitsbezogene Pflichten, Sicherheitsmaßnahmen.
- 🕒 Wann? Vor Aufnahme der Tätigkeit und regelmäßig auffrischen.
- 📝 Wie? Schulung dokumentieren und Nachweise aufbewahren.
- 🚚 Beispiele: Fahrer mit Kartons Parfum (3.4 begrenzte Menge), Lagerarbeiter mit Spraydosen, Disponenten für Lithiumbatterien (SV 188).
Was Unternehmen jetzt tun sollten
Die Situation ist skurril – keine Frage. Aber Unternehmen sollten sie ernst nehmen. Denn so lange das GGBG nicht angepasst wird, gilt die formale Rechtslage.
Praktische Empfehlungen:
- Prüfen: Haben wir einen Gefahrgutbeauftragten benannt?
- Dokumentieren: Sind alle Unterweisungen nach 1.3 ADR aktuell und nachvollziehbar?
- Kalkulieren: Lohnt sich ein interner Gefahrgutbeauftragter – oder ist ein externer Berater die bessere Lösung?
- Beobachten: Wird das Verkehrsministerium reagieren und das GGBG anpassen? Bislang (Stand September 2025) gibt es dazu keine offiziellen Erlässe oder Stellungnahmen.
Gerade kleinere Unternehmen fahren oft besser, wenn sie einen externen Gefahrgutbeauftragten beauftragen. Das spart Kosten, Aufwand und Nerven.
Fazit
Österreich steckt in einem bürokratischen Kuriosum: Unser Gesetz verweist auf eine Vorschrift, die es nicht mehr gibt – und plötzlich bräuchten theoretisch alle Unternehmen mit Gefahrgut einen Gefahrgutbeauftragten.
In der Praxis wird das zwar kaum kontrolliert, aber die Risiken bleiben. Und die Unterweisungspflicht nach ADR 2025 ist sowieso unumgänglich.
Am Ende bleibt die Frage: Wie lange bleiben wir noch in dieser Situation?Bis dahin sollten Unternehmen lieber auf Nummer sicher gehen.
Provokant gesagt: Vielleicht sollte man beim nächsten Laptop-Kauf gleich nach dem beigelegten Gefahrgutbeauftragten fragen.
Unser Vorschlag
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